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Realexperiment A:
Städtische Strom-Community

Kontakt:
Andre Hackbarth
Hochschule Reutlingen

Komponenten des Realexperimentes A

Einen Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität von Städten stellt die dezentrale erneuerbare Erzeugung von Strom in öffentlichen Gebäuden dar. Dies gilt insbesondere für Schulen, die meist die höchsten Energieverbräuche der kommunalen Gebäude aufweisen, und die energieintensive Abwasseraufbereitung in Klärwerken, weshalb der Fokus der Untersuchungen auf diese zwei Anwendungsfälle gelegt wurde. Der Zusammenschluss mehrerer Liegenschaften zu einer Strom-Community bietet darüber hinaus eine Möglichkeit, die Stromeigenversorgung von Kommunen weiter zu erhöhen, indem der Energiebedarf einer Liegenschaft durch den Stromüberschuss anderer Liegenschaften gedeckt werden kann. Die durchgeführten Analysen wiesen in beiden Fällen ein großes Kosteneinsparpotential durch die Installation von PV-Anlagen gegenüber einem rein externen Strombezug nach, welches durch zusätzliche Batteriespeicher weiter verbessert werden kann und robust gegenüber verschiedenen Energiepreisentwicklungen ist. Im Gegensatz hierzu ist die rentable Nutzung eines Elektrolyseurs zur Wasserstofferzeugung am untersuchten Klärwerk unter aktuellen und absehbaren Bedingungen nicht möglich, sondern würde deutlich höhere Strom- und Gaspreise erfordern. Auch verbesserte ein Zusammenschluss der Schulen zu einer Strom-Community aufgrund zu großer Ähnlichkeit der Lastprofile die Wirtschaftlichkeit kaum. Eine Strom-Community ergibt im Stadtkonzern demnach in der Regel nur dann einen Sinn, wenn städtische Liegenschaften mit sehr unterschiedlichen Lastprofilen zusammengeschlossen werden, z. B. durch Einbezug der energieintensiven städtischen Eigenbetriebe. Dieser Lösung stehen aktuell jedoch insbesondere regulatorische Hürden im Weg, die ein Stromteilen wirtschaftlich (Steuern und Abgaben bei Nutzung des öffentlichen Stromnetzes) und operational (Lieferantenpflichten) unattraktiv machen. Daneben lassen sich auch organisationale Hemmnisse festhalten, die eine Umsetzung behindern würden. Hierzu zählen die unterschiedlichen Handlungsspielräume sowie Kooperations- und Innovationsbereitschaften der verschiedenen städtischen Akteure.
In der Komponente “Gemeinschaftliche Eigenstromversorgung eines Schulverbundes” (A1) wurden die Eigenerzeugungspotenziale und Strom-Community-Optionen ausgewählter Reutlinger Schulen analysiert. In einem ersten Schritt wurden die Lastprofile und PV-Erzeugungspotenziale dieser Schulen einzeln und im Verbund ermittelt. Hierauf aufbauend wurde die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlagen mit und ohne Installation eines zusätzlichen Batteriespeichers unter verschiedenen Preisentwicklungsannahmen berechnet. Die Ergebnisse zeigten ein großes Kosteneinsparpotential gegenüber einem rein externen Strombezug durch die Installation von PV-Anlagen auf den Schulen, welches durch zusätzliche Batteriespeicher weiter verbessert werden kann. Andererseits verbesserte ein Zusammenschluss der Schulen (Strom-Community) aufgrund zu großer Ähnlichkeit der Lastprofile die Wirtschaftlichkeit kaum. Eine Strom-Community ergibt im Stadtkonzern demnach in der Regel nur dann einen Sinn, wenn städtische Liegenschaften mit sehr unterschiedlichen Lastprofilen zusammengeschlossen werden, z.B. durch Einbezug der energieintensiven städtischen Eigenbetriebe. In einem weiteren Schritt wurden die Treiber und Hemmnisse einer solchen städtischen Strom-Community analysiert. Hierfür wurden eine Stakeholderanalyse sowie qualitative Interviews mit den im Realexperiment beteiligten städtischen Akteuren – Gebäudemanagement, FairEnergie GmbH, FairNetz GmbH, sowie die Task-Force Klima und Umwelt – zu den Umsetzungsbedingungen für Strom-Community-Optionen durchgeführt. Aufbauend hierauf wurden Handlungsoptionen zur Überwindung vorhandener Hemmnisse und zur Stärkung der treibenden Faktoren gemeinschaftlich erarbeitet. Darüber hinaus wurden durch Studierende des Masterstudiengangs DEE der Hochschule Reutlingen im Rahmen der Vorlesung „Geschäftsmodelle und Marketing“ innovative Geschäftsmodelle für städtische Energie-Communities in Kooperation mit der FairEnergie GmbH entwickelt, u.a. zwei verschiedene Ausgestaltungsoptionen einer Strom-Community und eine Community zum Betrieb einer Biogasanlage in Reutlingen. Ein weiteres Ziel des Teilexperiments war, das Klimaschutz-Wissen von Schüler*innen zu erhöhen, für das Thema zu sensibilisieren und das Interesse an MINT-Bereichen zu steigern. Hierfür wurde eine Kooperation mit dem Projekt “H2-Grid”, in dem der Landkreis Reutlingen Teil eines der beiden baden-württembergischen Demonstrationsprojekte "Modellregion Grüner Wasserstoff" ist, und dem Projekt „letsgoING“ eingegangen, um Synergien mit anderen Projekten der Hochschule zu heben. Unter Federführung des Projekts “H2-Grid” wurde ein Lernkonzept „Energiewende im Unterricht“ für das Fach „Naturwissenschaft und Technik“ entwickelt, in dem Energiethemen wie lokale erneuerbare Erzeugung, Energiespeicherung mittels Batterien oder Wasserstoff sowie Lastmanagement theoretisch vorgestellt und praktisch erarbeitet werden. Das Konzept wurde gemeinsam mit einer Reutlinger Pilotschule sowohl mittels Unterrichtseinheiten in der Schule als auch einem Praxis-Workshop in den Laboren der Hochschule erprobt.
In der Komponente “Stromoptimiertes BHKW” (A2) sollte untersucht werden, ob ein stromoptimiertes BHKW mit Wärmespeicher in einer städtischen Liegenschaft Beiträge zu einer potentiellen Strom-Community mit weiteren Erzeugern und Verbrauchern (Photovoltaik, Wärmepumpe) und ihrem wirtschaftlichen Betrieb leisten kann. Hierfür wurden in einem ersten Schritt szenariobasierte Wirtschaftlichkeitsberechnungen für diverse Anlagengrößen und CO2- sowie Energiepreisannahmen durchgeführt und eine für die gegebenen Bedingungen optimale Größe des BHKWs bestimmt, welches 2023 installiert und dann stromorientiert betrieben werden sollte. Aufgrund der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten drastischen Energiepreissteigerungen und der Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Energiepreisentwicklungen entschied die Stadt Reutlingen jedoch, das BHKW nicht umzusetzen. Stattdessen wurde die neue Komponente „Hybride Wärmepumpensysteme“ für die Wärmeversorgung im Bestand aufgenommen, die in Realexperiment B bearbeitet wurde.
In der Komponente “Eigenstromversorgung des Klärwerks Reutlingen West” (A3) wurde gemeinsam mit der Stadtentwässerung Reutlingen (SER) ermittelt, wie viel Photovoltaik-Eigenerzeugungspotenzial es auf den Gebäuden und dem Gelände des Klärwerks basierend auf aktuellen Ausbauplänen gibt, wie viel Überschussstrom diese Anlagen erzeugen würden, und inwiefern diese Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Darüber hinaus wurde auch das Potenzial einer Nutzung der Stromüberschüsse durch Wasserstoff-Elektrolyse am Klärwerk untersucht. Hierfür wurden in einem ersten Schritt ein Elektrolyseur und ein Batteriespeicher optimiert und ihre Wirtschaftlichkeit miteinander verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass unter den aktuell gegebenen Rahmenbedingungen und getroffenen Annahmen die klassische Batterietechnologie aufgrund der deutlich geringeren Investitionskosten immer die wirtschaftlichere Option im Vergleich zum Elektrolyseur und verschiedenen Wasserstoffverwertungen (Rückverstromung über Brennstoffzelle oder Methanisierung) ist. D.h., die rentable Nutzung einer Wasserstofferzeugung am Standort erfordert deutlich höhere Strom- und Gaspreise als heute. In einem zweiten Schritt wurden die Potenziale und Wirtschaftlichkeit einer Kopplung von Batteriespeicher und Elektrolyseur untersucht, d.h. die Ausdehnung der Betriebszeiten des Elektrolyseurs mittels Zwischenspeicherung des PV-Stroms. Die Ergebnisse zeigen, dass in naher Zukunft, d.h. bei den prognostizierten Energiepreisentwicklungen, die Photovoltaik-Batteriespeicher-Kombinationen ohne Erweiterung mit einem Elektrolyseur für das Untersuchungsobjekt weiterhin den größten ökonomischen Vorteil bieten.
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